"Wir sitzen alle in einem Boot"

Frauen stärken - in und für Erwerbsarbeit

Projekt Frauen stärken (c) Bistum Aachen / Anja Klingbeil
Projekt Frauen stärken
Datum:
Mo. 4. Mai 2020
Von:
Kathrin Henneberger

So unterschiedlich wie die Frauen, die am reich gedeckten Frühstückstisch in Alsdorf-Busch sitzen, sind ihre Geschichten. Und doch treffen sie beim Projekt „Frauen
stärken – in und für Erwerbsarbeit“ in Alsdorf, das 2006 an den Start gegangen ist, aufeinander. 

Text: Anja Klingbeil

 

Denn eines verbindet sie: die vorher gefühlte Einsamkeit, die nun Dank des von Melanie Kohnen geleiteten Arbeitslosenprojektes ein Stück weit der Vergangenheit angehört. Der wöchentliche Frühstückstreff ist dabei nur ein Teil von „Frauen stärken“ - aber eben auch ein ganz wichtiger, weil er für viele ein niedrigschwelliges Angebot ist, um das Projekt erst einmal kennenzulernen.

Da ist Isabel. Sie lebt mittlerweile seit vier Jahren in Herzogenrath. Und ist dort ziemlich isoliert. „Ich hatte sehr wenige Kontakte, weder Freunde, Familie, noch mit der Nachbarschaft", erzählt sie. Über das soziale Netzwerk Facebook ist sie dann aufmerksam geworden auf das Projekt im Stadtteil Busch. Dann hat sie all ihren Mut zusammengenommen, wie sie selber sagt, hat Melanie Kohnen kontaktiert und ist einfach mal bei „Frauen stärken" vorbeigekommen.

Der erste Eindruck: „Durchweg positiv“, betont Isabel. In der Gruppe – die zurzeit zehn feste Teilnehmerinnen hat - verstehen sich alle sehr gut. Das habe sie gleich motiviert. „Früher habe ich sehr oft Termine abgesagt. Ich hatte Angst, überhaupt rauszugehen, bin in Depressionen verfallen. Das Schlimmste überhaupt war allerdings die Einsamkeit. Hier habe ich eine neue Familie gefunden“, sagt Isabel und lächelt.

Lächeln – das konnte Tatjana lange nicht mehr. Zu viele schwere Schicksalsschläge haben die junge Frau aus der Bahn geworfen. Sie hat bei der Geburt ihre Tochter verloren. Hat sich allein in ihre Wohnung zurückgezogen und dann auch noch ihren Job verloren. Über eine Alsdorfer Trauergruppe hat sie von „Frauen stärken“ erfahren. In die Räume an der Alten Aachener Straße 10 zu kommen, das hat sie allerdings Überwindung gekostet. „Ich habe drei Anläufe gebraucht. Ich hatte einfach nicht den Mut, anderen Leuten zu begegnen“, erinnert sie sich. Mut und Selbstbewusstsein, das hat ihr „Frauen stärken“ und der Austausch mit den anderen wieder gegeben. Bald stellt sich Tatjana in einer Schule vor als Schulbegleiterin. Schon jetzt bereitet sie sich intensiv auf das Vorstellungsgespräch vor – auch das bietet das Projekt. Und Lachen kann Tatjana auch wieder – aus vollem Herzen.

„Jede wird hier so genommen, wie sie ist“

Auch Elke ist regelmäßiger Gast, nicht nur beim Frühstückstreff. Denn, so sagt sie: „Jede wird hier so genommen, wie sie ist. Niemand wird blöd angeguckt, obwohl und gerade weil jede von uns ihre eigene Geschichte hat.“ Die Gespräche mit den anderen Frauen, in vertrauter und geschützter Atmosphäre, sind für sie zu einer wichtigen Quelle der Motivation geworden. „Wir sitzen hier schließlich alle in einem Boot, das zeitweise kurz vorm Untergehen ist“, sagt Elke.

Aber: Gemeinsam ist man weniger allein. So hilft „Frauen stärken“ dabei, Bewerbungen zu schreiben, sich zu informieren, kreativ zu sein, auf sich Acht zu geben und einfach wieder am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Am Leben teilhaben, das konnte auch Maryam lange Zeit nicht. Ganz alleine, ohne Familie und Freunde, hat sie sich verloren gefühlt, litt unter Depressionen. „Deswegen bin ich sehr froh, dass es ein solches Projekt wie dieses hier gibt. Das ist für mich wie eine Familie“, sagt sie. Die Gruppe, die anderen Frauen, das hat ihr sehr geholfen, wie sie erzählt. Und das möchte sie auch nie mehr missen – wie keine derjenigen, die am Tisch sitzen. Alle mit ihrer eigenen Geschichte, aber eben dennoch im selben Boot.

 

 

Zum Projekt:

Gerade heute – in Zeiten von Arbeitslosengeld II – schaffen es viele Frauen nicht, ihre Probleme alleine zu bewältigen. Sie fühlen sich abgewertet durch Arbeitslosigkeit und alleine gelassen in schwierigen Lebenssituationen.

Das Projekt „Frauen stärken – in und für Erwerbsarbeit“ möchte dem entgegentreten: Jede Frau ist eingeladen, ihre Erfahrungen zu erweitern, ihre Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen und für sie einzutreten.


Weitere Informationen gibt Projektleiterin Melanie Kohnen unter Telefon 02404/9558266, Handy 0176/68617292 oder per E-Mail: frauenstaerken@kab-aachen.de


Träger des Projekts ist die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) des Bistums Aachen und die Pfarre St. Castor Alsdorf, gefördert durch den Solidaritätsfonds des Bistums Aachen.

Hier können Sie für den Solidaritätsfonds für arbeitslose Menschen spenden