Elodie Scholten, Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Diözesanverband Aachen, im Gespräch zu der Frage, wo die katholische Kirche an die Generation Z (12- bis 27-Jährige) anschlussfähig ist, was die Jugend antreibt und was sie sich für die Jugend wünscht.
Was denken Sie, sind die Bedürfnisse der Generation Z?
Diese Generation strebt nach Sicherheit, Verantwortung und Selbstwirksamkeit. Die Pandemie hat gezeigt, dass Jugendliche mitentscheiden möchten. Und das ist gerade in Kirche ein großes Problem. Ernsthafte Beteiligung fängt ja schon mit der Frage an: „Wie möchtet ihr beteiligt werden?“.
Warum ist das ein Problem?
Oft scheitert echte Beteiligung an den Strukturen, weil Kirche hierarchisch aufgebaut ist. Im Synodalen Prozess auf Bundesebene wurde versucht, die jungen Menschen zu beteiligen. Aber es fehlt mir an vielen Stellen das Einsehen, die paternalistischen Strukturen komplett abzulegen und zu akzeptieren, dass die Kirche nicht für andere sprechen kann.
Wo erfüllt Kirche die Bedürfnisse? Wo ist Kirche anschlussfähig?
Ich glaube, Kirche ist dort anschlussfähig, wo sie sich auf die Themen der Jugendlichen einlässt und sie mitdenken und mitgestalten lässt.
Ich kenne zum Beispiel viele Jugendgruppen mit einem Insta-, Snapchat oder TikTok Account. Der wird dann aber von jungen Erwachsenen für junge Erwachsene, Kinder und Jugendliche bespielt. Das macht Social Media natürlich auch ganz anders. Das ist da, wo die Leute andocken. Weil es im Freundeskreis besprochen wurde: „Die KJG (Katholische junge Gemeinde) macht was Cooles“. Dann geht man auch gerne wieder dahin.
Was muss das Bistum Aachen tun, damit jüngere Menschen sich (mehr) mit der katholischen Kirche identifizieren und die Kirche mehr als relevante Institution wahrnehmen?
Ich würde mir wünschen, dass wir uns politisch positionieren und endlich auch nicht nur sagen, dass wir zuhören, sondern auch die jungen Menschen ernsthaft beteiligen. Was haben Frauen in der Kirche zu tun? Was heißt Gleichberechtigung? Was heißt Nachhaltigkeit? Das treibt die Jugend gerade förmlich um. Und da kann Kirche sich nicht raushalten. Das funktioniert nicht. Wenn sich die Kirche raushält, ist das auch ein Statement.
Es gibt aber auch häufig Momente, in denen Kirche versucht, etwas zu tun. Wie auf Bundes- als auch auf Bistumsebene. Bischof Dieser ist weit gekommen. Er hat in den letzten Jahren viel gelernt. Ich glaube nur, dass der Weg nicht zu Ende ist. Es bedarf noch viel mehr politischem Standing, um das wirklich nach außen zu tragen. Sehr lange hat die katholische Kirche an ihrer Unglaubwürdigkeit gearbeitet. Jetzt müssen wir auch sehr lange an ihrer Glaubwürdigkeit arbeiten. Also wieso sollten Kinder und Jugendliche Interesse an etwas haben, das ihrer eigenen Lebenserfahrungen nicht entspricht? Sind wir ehrlich: gerade im Alltag, sind wir schon viel gleichberechtigter.
Was würden Sie sich wünschen?
Ich glaube, dass es der Kirche gut stehen würde, wenn sie sich zu den Themen wie Nachhaltigkeit und Gendergerechtigkeit äußern würde. Und wenn sie akzeptiert, dass es noch viele Lernfelder gibt, die sie zu bearbeiten hat. Um zu lernen kann sie sich im Zweifel Expertise holen, wenn sie diese nicht hat. Wenn Kirchen Oberhäupter ausschließlich männlich sind, fehlen vielfältige Perspektiven. Die Kirche muss ein ernsthaftes Interesse zeigen, dass sie willig ist zu lernen. Sie muss sich politisch positionieren und reformieren. Ich bin davon überzeugt, da hat Kirche viel Potenzial.