Ohne Spiritualität könnte ich nicht Arzt sein.

„Woher komme ich, wohin gehe ich? Und was ist der Sinn meines Lebens?“ Diese Fragen stehen bei der Arbeit von Palliativmediziner  Dr. Lang  sehr oft im Vordergrund. (c) Bistum Aachen/Christian van t´Hoen
„Woher komme ich, wohin gehe ich? Und was ist der Sinn meines Lebens?“ Diese Fragen stehen bei der Arbeit von Palliativmediziner Dr. Lang sehr oft im Vordergrund.
Datum:
Do. 19. Sept. 2024
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Dr. Andreas Lang ist Internist, Hämatologe und Onkologe und Palliativmediziner in Aachen. Er behandelt Menschen, die schwer und oft unheilbar krank sind. Wir haben mit ihm über Hoffnungen der Patienten und seine Spiritualität gesprochen.

Was ist Palliativmedizin?

Die meisten Patienten, die wir behandeln, sind unheilbar krank. Das bedeutet, dass sie durch keine verfügbare Therapie geheilt werden können. Die Krankheit wird irgendwann zum Tod führen. Es geht uns darum, wie wir die schwere Krankheit positiv begleiten können.

Als Onkologen sind wir sehr früh in die Behandlung unheilbar kranker Menschen eingebunden. Ich veranschauliche dies gerne mit dem Beispiel: „Gestern stand der Patient noch voll im Berufsleben, und heute muss er sich bewusst sein, dass er eine unheilbare Krankheit hat.“ Es ist nicht so, dass man dann plötzlich von gesund auf krank umschalten kann, sondern das ist ein Prozess.

Mit welchen Erwartungen oder Hoffnungen kommen die Menschen zu Ihnen?

Wenn man erfährt, dass man unheilbar krank ist, gehen einem Menschen viele Dinge durch den Kopf. Das fängt an mit: „Das kann gar nicht sein, da ist die Probe vertauscht worden“, bis hin zu, „na ja, so schlimm wird es nicht sein.“

Es treten wichtige Fragen in den Vordergrund. Wie kann ich überhaupt weiterleben? Was heißt das für meine Familie? Was bedeutet das für meinen Beruf, bekomme ich finanzielle Probleme? Diesen Fragen geben wir Raum und die Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzen.

Wie wichtig ist die Vorbereitung des Patienten?

Ich empfehle, sich frühzeitig mit Themen wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auseinanderzusetzen. Für uns ist es wichtig zu wissen, was der Wille des Patienten ist.

Das ist auch eine Chance für den Patienten, sich darüber klar zu werden, „wo stehe ich im Moment, und was wünsche ich mir, was soll gemacht werden und was nicht“.

Machen Sie die Erfahrung, dass Patienten in dieser Lebensphase oder Situation ihre Spiritualität wiederentdecken?

Ja, auf jeden Fall. Das ist etwas, das tief im Menschen verwurzelt ist: die Suche nach Antworten und die Frage: „Woher komme ich, wohin gehe ich? Und was ist der Sinn meines Lebens?“ Das steht sehr oft im Vordergrund.

Gibt es auch heitere Momente in Ihrer Arbeit?

Ja, wir lachen viel und das ist auch wichtig. Es nützt niemandem, wenn wir hier nur miteinander weinen und jammern, wie schlimm alles ist. Lachen ist eine wichtige Ressource, und damit meine ich nicht Galgenhumor, sondern sich auch wirklich über alltägliche Dinge zu freuen. Es gibt also auch viele Gründe, sich trotz einer unheilbaren Krankheit zu freuen. Genauso, wie es Momente gibt, in denen man miteinander weint und in denen man miteinander in Sorge ist.

Wie hilft Ihnen Spiritualität bei der Bewältigung Ihres beruflichen Alltags?

Geht das überhaupt ohne Spiritualität? Dann könnte ich kein Arzt sein. Das heißt für mich, ich bin Christ, für mich ist es wichtig, auch diesen Hintergrund zu haben und auch zu wissen, dass wir bei Gott gut aufgehoben sind.  Und das ist auch das, was mich trägt. Und das ist ein schönes Gefühl, dass Gott uns auch in diesen Momenten begleitet.

Was ist für Sie ein gelungener Arbeitstag?

Immer dann, wenn ich merke, dass ich Menschen Ängste nehmen konnte. Ich versuche, sie offen über ihre Perspektiven und Therapiemöglichkeiten aufzuklären. Das sind die Arbeitstage, an denen ich sage: „Das war ein guter Tag.“