Vor der Foillanskirche in der Aachener Innenstadt spielt ein Straßenmusikant Akkordeon. Ob er auch gleich zum Gedenkgottesdienst für verstorbene Obdachlose kommen wird? Beim Betreten der Kirche steht direkt neben dem Eingangsportal eine Frau, die eine lila Weste mit dem Symbol der Bahnhofsmission trägt.
Und vor dem Lesepult im vorderen Bereich des Gotteshauses ist ein Ständer mit einem aufgeschlagenen Ringbuch aufgestellt. Darin sieht man links eine Liste mit Namen, rechts das Bild eines verstorbenen Aachener Obdachlosen. Sr. Veronika von der Aachener Schervierstube steht im Mittelgang und begrüßt die ersten Besucher. Sie freut sich sichtlich, dass über den Gottesdienst berichtet wird. Auf die Frage, ob denn auch Gäste aus der Schervierstube kommen werden, lächelt sie. „Sicher nicht. Die sind unterwegs“.
An Allerseelen denken Christen mehr als sonst an Menschen, die gestorben sind. Menschen, die einem nahe stehen oder bekannt waren, aber auch an Menschen, die man persönlich nicht kannte. Namenlos stirbt niemand: davon sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Hilfseinrichtungen in Aachen überzeugt. Auf Einladung der Ökumenischen City-Seelsorge, der Pfarrei Franziska von Aachen und der Franziska-Schervier-Stube gedachten sie daher gemeinsam am Allerseelentag in der Aachener Innenstadtkirche St. Foillan der verstorbenen Obdachlosen und Bedürftigen. Den ökumenischen Gedenkgottesdienst unter dem Leitwort der Bibelstelle „Nicht mehr Fremde, sondern Hausgenossen Gottes“ leitete Dompropst Rolf-Peter Cremer.
„Die Zukunft der Verstorbenen liegt im auferstanden Herrn, der die Wunden ihres Lebens heilt und ihnen so das Leben zurück gibt, für das sie geschaffen wurden. Das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott,“ versicherte der Dompropst in seiner Ansprache. Dies drücke auch das biblische Leitbild aus. Nicht mehr fremd und ohne Bürgerrecht zu sein, so wie sich mach einer vielleicht verstanden oder gefühlt hat zu Lebzeiten. Sondern nunmehr alle Rechte zu haben, Mitbürgerinnen und Mitbürger der Heiligen und sogar Hausgenossen Gottes zu sein. Das sei die christliche Sehnsucht, die Hoffnung und der Trost.
Sr. Veronika und Gemeidereferent Klaus Szudra vom Aachener Sonntagsfrühstück luden am Ende des Gottesdienstes dazu ein, an die Verstorbenen zu denken, sie vor Gott beim Namen zu nennen und eine Kerze für sie zu entzünden. Neben 13 Obdachlosen und Bedürftigen wurden von vielen Teilnehmenden weitere Namen genannt. Mit einem letzten Lied des Mädchenchors vom Aachener Dom unter der Leitung von Domkantor Marco Fühner endete der eindrucksvolle und bewegende Gottesdienst. Und übrigens: der Straßenmusikant hat den Gottesdienst nicht besucht.