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Dreifaltigkeitssonntag

Datum:
Do. 23. Mai 2024
Von:
Annette Jantzen

Schon das Pfingstfest kann den Eindruck erwecken, beim Glauben würde es darum gehen, komplizierte Dinge wissen zu müssen. Aber verglichen mit dem Dreifaltigkeitssonntag ist Pfingsten eine Fingerübung. Dabei stand doch am Anfang die so lebendige, packende und anschauliche Weise, wie Jesus von Gott gesprochen hatte. Und wie viele Diskussionen aus diesem Begriff erwachsen sind! Dabei geht es auch hier um etwas Einfaches: Wenn Gott die große Kraft und Lebendigkeit hinter allem ist, und Jesus ist der Mensch-von-Gott, wie kann man das zusammendenken? Und wie kann man ins Wort bringen, dass das nicht bloß eine vergangene Geschichte ist, sondern dass Gott, wie er für Menschen in Jesus erfahrbar wurde,  in dieser Welt lebendig ist? 

Daraus wurdedie Dreifaltigkeitstheologie, und sie beantwortet diese Fragen mit Begriffen, die einmal einfach verständlich waren. Eine "Persona" etwa war im antiken Theater die Rolle, die ein*e Schauspieler*in sichtbar einnahm, indem er*sie eine Maske trug. Darum galt das ein gutes Bild dafür, wie Gott erfahrbar werden kann: Gott-über-allem ist immer je größer, mit unseren Bildern nicht zu fassen. Aber Gott begegnet in den Rollen einer Mutter, eines Vaters, begegnet in Jesus Christus, spricht und singt im Lebensatem, in Resonanz und Verbundenheit: Drei Erscheinungsweisen, keine Definitionen, denn Gott kann man nicht definieren.

Daraus wurde Glaubenswissen: Drei Personen, alle männlich gegendert, und dass auch "Vater" nicht Gott selbst ist, sondern nur ein Bild, das ging vergessen und verloren. Wer ein Bild von Gott mit Gott selbst verwechselt, verpasst so viel von Gottes Größe und Schönheit, und eng wird es dann auch, etwa weil Gott nur noch männlich sein kann. "ER ist doch übergeschlechtlich!", lautet der empörte Einwand auf diesen Hinweis oft, weil das Männliche auch in Gott eine unsichtbare Norm geworden ist. Aber an der Stelle braucht man nur zwanzig Zentimeter weiter denken, und man ist im Kern des Problems angekommen, nämlich bei diesem "ER": "Wenn Gott männlich ist, dann ist das Männliche Gott." (Mary Daly, 1968)

Mit dem Personbegriff wird die Dreifaltigkeit heute noch erklärt. Und diese Erklärung wird heute als sicheres Glaubenswissen verkündet. Dabei hat sich unsere Weltwahrnehmung so drastisch geändert, dass dieses Bild kaum noch spricht, und wenn, dann in einer Fremdsprache, die man erst lernen muss. Das Gottesgeheimnis heute noch mit diesen Worten zu beschreiben, das ist, als wollte man heute Physik lehren und erforschen ohne die Relativitätstheorie, allein mit dem Vokabular Isaak Newtons. Das war ein gutes Vokabular für seine Zeit, aber die neuen Verständnismöglichkeiten lassen sich damit nicht mehr ausdrücken.

Dabei wäre soviel freier von Gott zu sprechen! Von Gott, Ursprung von allem, was ist, und das ist so gigantisch viel angesichts der Tiefe des Universums. Von Jesus, in dem Menschen Gottes Menschenliebe, Gottes Großzügigkeit, Gottes Treue begegnet sind. Von der göttlichen Geistkraft, die alles lebendig macht, die in der Evolution des Universums ebenso wirkt wie im ersten Erkennen, mit dem ein Baby seine Mutter anstrahlt, in innigem Gesang ebenso wie im sicheren Gespür für Recht und Unrecht, das Menschen sich bewahren auch in lebensfeindlichen Umständen.

Das ist toll, das ist großartig, aber besonders schwierig ist es nicht. Der Dreifaltigkeitssonntag sollte nicht der Sonntag sein, an dem man eine komplizierte Glaubenswahrheit mit veralteten Begriffen erklärt, sondern ein Anlass, über das zu sprechen, was uns trägt, wem wir glauben, worauf wir hoffen. Nebenbei kann man dann noch rein männlich gegenderte Gottesbilder hinter sich lassen, und aufatmen.

 

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