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25. Sonntag im Jahreskreis B // Zum Evangelium

Datum:
Fr. 17. Sept. 2021
Von:
Annette Jantzen

Von dort gingen sie weg und zogen durch Galiläa hindurch. Er wollte nicht, dass ihn jemand erkenne. Die ihm nachfolgten, die lehrte er nämlich und sagte ihnen: »Der Mensch wird in die Hände der Menschen übergeben, und die werden ihn töten. Und wenn er getötet worden ist, wird er nach drei Tagen auferstehen.« Aber sie verstanden diese Worte nicht und fürchteten sich, ihn zu fragen.
Sie kamen nach Kafarnaum. Im Haus angekommen fragte er sie: »Worüber habt ihr unterwegs miteinander gesprochen?« Sie aber schwiegen, denn unterwegs hatten sie miteinander darüber geredet, wer am wichtigsten sei. Er setzte sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: »Wer die Nummer Eins sein will, wird zuletzt kommen und allen dienen.« Und er nahm ein Kind, stellte es in ihre Mitte, nahm es in die Arme und sprach zu ihnen: »Wer ein solches Kind in meinem Namen gastfreundlich aufnimmt, nimmt mich auf. Und wer mich gastfreundlich aufnimmt, nimmt nicht mich auf, sondern Gott, die mich gesandt hat.«

Evangelium nach Markus, Kapitel 9, Verse 30-37

Wie diese Sätze Jesu in unseren Ohren klingen, hängt sehr davon ab, was wir sonst so annehmen von den anderen, von der Welt, von Gott.

Wenn ich davon ausgehe, dass Gott ein strenger Vater-König-Herrscher ist und zwischen Gott und Mensch ein Verhältnis von Befehl und Gehorsam, von Belohnung und Strafe herrscht, dann klingt es vielleicht so: Jesus stellt eine rhetorische Frage, denn er kennt die Antwort längst und es geht nur noch darum, das Fehlverhalten beschämt zuzugeben. Dann wertet Jesus die Menschen, die mit ihm unterwegs sind, ab, weil sie solche Gedanken haben wie "ich will am wichtigsten" sein, er belehrt sie und fordert sie auf, sich selbst klein zu machen und ihre Sehnsucht nach Aufmerksamkeit ja nicht zuzugeben. Gestützt wird das noch, wenn statt "die oder der wird letzter sein" das Futur im griechischen Text mit "soll letzter sein" übersetzt wird, als wäre irgendwem gedient, wenn man sich selbst abwertet. Ein Zerrbild? Vielleicht. Aber allzu oft doch verwirklicht in einer Kirche, in der Macht als Dienst getarnt und damit unangreifbar wird, in der Menschen ein schlechtes Gewissen entwickeln, wenn sie beachtet werden wollen, und in der darum diese verdruckste Mischung besteht zwischen Geltungsdrang und Selbstverkleinerung. Sie folgt ziemlich direkt aus einem patriarchalen Gottesbild.

Ich kann aber auch davon ausgehen, dass Jesus wirklich etwas erfahren will von den anderen, dass er ihre Sehnsucht nach Geltung und Gesehenwerden nicht verurteilt, und dass er selbst jemand ist, der sich einfach nicht so wichtig nimmt und daraus eine große Freiheit zieht. Ich kann davon ausgehen, dass Jesus so ist, weil er aus der Nähe Gottes lebt, dass es bei Gott nicht um Ungehorsam oder Gehorsam, Bestrafung oder Belohnung geht, sondern um das Geschenk des Lebens, um die freie Begegnung, um Verbundenheit und Anerkennung, in der die Schönheit Gottes in dieser Welt aufblitzt. Dann wird aus der Belehrung ein Angebot, gemeinsam etwas neues zu beginnen, und in dem Jesus den Seinen etwas wichtiges von sich selbst preisgibt.

Jesus zeigt das am Beispiel eines kleinen Mädchens oder eines kleinen Jungens: In der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten, sie sind gefährdet, allzu oft am härtesten von Armut betroffen, nahezu rechtlos. Wer sich um sie kümmert, sammelt kaum gesellschaftliche Pluspunkte. Wenn Jesus sich einem solchen Kind liebevoll zuwendet und auch noch davon spricht, dass in diesem Kümmern die Nähe Gottes erfahrbar wird, dann gibt er den Rahmen vor, wie seine Worte zu verstehen sind:  

Sie sind kein beschämendes Ausfragen, kein Vorwurf, keine Abwertung. Sondern aus Jesus sprechen Neugier und Interesse und der Wunsch, dass wir erleben können, wie Leben auch sein kann: dass wir freiwillig aufeinander achten können und andere nicht klein machen, weil wir selbst aus der Anerkennung durch Gott leben. Dass wir darum miteinander statt gegeneinander leben können. Dass es besseres gibt als Konkurrenz, und dass wir vor Gott keine Angst haben müssen, zu kurz zu kommen. Dass wir uns Gottes Zuneigung nicht erarbeiten müssen. Dass wir beim nächsten Mal, wenn wir miteinander unterwegs sind, uns gegenseitig von dem erzählen können, was wir glauben, was wir hoffen, was uns wirklich wichtig ist. Und dass wir davon erzählen können, wenn Jesus fragt, worüber wir unterwegs miteinander gesprochen haben.

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