"Die konservative Seite in unserer Versammlung macht ihre Sache nicht gut genug. Ich erlebe sehr oft von der konservativen Seite erstens Polemik, zweitens selbstreferentielle Klagen, drittens Argumente, die auf Verzögerung setzen und viertens Argumente, die auf Verlagerung irgendwo anders hin in die Ferne setzen. Das genügt nicht. Wir brauchen dialogfähige, anschlussfähige, gute Argumente."
"Dass der Grundlagentext zur erneuerten Sexualethik wegen der fehlenden Zweidrittelmehrheit der Bischöfe nicht beschlossen werden konnte, ist eine herbe Enttäuschung. Mit diesem Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Eine große Chance wurde vertan und nicht wenige Menschen fühlen sich erneut verletzt. Dennoch hoffe ich, dass dieser Text, an dem unser Bischof wesentlich mitgearbeitet hat, im Nachgang eine breite bischöfliche Unterstützung und Legitimation erfährt. Beeindruckt hat mich das leidenschaftliche Engagement von Bischof Helmut für diesen so wichtigen und notwendigen Text und seine klaren Worte an all jene, die sich der Auseinandersetzung verweigert und die Synodalversammlung damit in eine sehr krisenhafte Situation gebracht haben. Trotz dieser Enttäuschung konnten wegweisende Texte verabschiedet werden. Bahnbrechend etwa der Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“. Der Beschluss zur Einrichtung eines Synodalausschusses schreibt Synodalität für die Kirche in Deutschland verbindlich fest. Der noch zu bildende Synodale Rat wird den Synodalen Weg konsequent weitergehen. Das ist sehr gut und sehr ermutigend."
"Der Synodale Weg stand bei der Synodalversammlung in Frankfurt vor einem Totalschaden. Durch die Kommunikationsverweigerung einiger Bischöfe ist der Grundtext zur Sexualmoral gescheitert. Nur mühsam konnte die gemeinsame Arbeit wieder aufgenommen und wichtige Beschlüsse gefällt werden, z.B. der Grundtext zu Frauen in Diensten Ämtern und der Synodale Rat als Weiterführung des Synodalen Weges. Nach dem Eklat steht auch für uns in Aachen an, die Umsetzung der Beschlüsse zu Macht und Gewaltenteilung, zu Frauen in Diensten und Ämtern und für eine neue Sexualethik - trotz des Scheiterns - gemeinsam anzugehen."
"Ich blicke kritisch auf die IV. Synodalversammlung zurück. Zu viele Bischöfe haben am Donnerstagabend ein beschämendes Verhalten gezeigt: Sie hatten sich im Vorfeld nie in die Beratung eingebracht, haben die von ihnen geforderten, separaten Bischofshearings geschwänzt, zahlreiche Möglichkeiten der Einflussnahme nicht genutzt, nicht ihre Kritik geäußert und dann bei der Abstimmung ihre Macht genutzt, um einen von großer Mehrheit getragenen Text zu Fall zu bringen. „Faulheit und Feigheit“ diagnostizierte der Stuttgarter Stadtdekan Msgr. Dr. Christian Hermes bei ihnen. Neben diesen persönlichen Defiziten offenbart sich in dem Verhalten auch die Krise des Bischofsamts, insbesondere im Umgang mit Macht. Zudem und insbesondere muss man das Verhalten inhaltlich (und pastoral) in Frage stellen. Denn letztlich wurden nicht irgendwelche Textpassagen abgelehnt. Vielmehr wurden insbesondere queere – z.B. homosexuelle, trans, inter, non-binäre – Menschen abgelehnt. In Genesis 1,31 heißt es „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ Dem muss man nicht widersprechen.
Auch das häufige Einfordern von „mehr Zeit“ und die Idee, man müsse jetzt nochmal darüber nachdenken, was mit Synodalität gemeint sein könne, vermag mich nicht zu überzeugen. 2010 ist der furchtbare Missbrauch am Canisius-Kolleg öffentlich geworden. Es liegen mittlerweile zig Gutachten auf dem Tisch, die zeigen, dass Missbrauch systematisch vertuscht worden ist und systemische Ursachen benennen. Seit drei Jahren üben alle miteinander im Synodalen Weg, wie Synodalität gehen könne. Genug Wissen und Erfahrungen liegen vor, um in einem zukunftsfähigen Verständnis von Macht einen anderen Umgang mit ihr zu praktizieren. Etwas mehr Tempo täte der Sache und den Menschen gut, denn Verhinderung von Missbrauch sollte oberste Priorität haben.
Natürlich gab es in Frankfurt auch Ermutigendes: Nach dem Donnerstag-Desaster sind keine Texte mehr durchgefallen. Unser Bischof Dr. Helmut Dieser hat sehr pointiert agiert, mit viel Einsatz und Entschiedenheit für die Reformen gekämpft und sich an die Seite der Menschen gestellt, die das im besonderen Maße betrifft. Das ist ein gutes Zeichen und sollte die Menschen im Bistum Aachen ermuntern, sich auch im Sinne des abgelehnten Textes zu verhalten und Kirche zu verändern. Gerne auch mit Tempo."
"Ein Priester aus unserer Gemeinde hat am Mittwoch vor der Synodalversammlung kurz zu mir gesagt: da fahren zwei Züge aus unterschiedlicher Richtung aufeinander zu. Ich habe mich in der Nacht von Freitag auf Samstag, als ich nicht schlafen konnte, daran erinnert. Ja, fast wäre es zu einem ungebremsten Zusammenstoß gekommen, wenn wir nicht in letzter Minute noch die Notbremse gefunden und gezogen hätten. Der Schreck, die Verletzungen, das Misstrauen ist groß. Es braucht erneut eine gründliche Reflexion nach allen Seiten: Ist die Debattenkultur mit den vielen Geschäftsordnungsanträgen so förderlich? Ist noch die Offenheit da, wirklich auf den/die anderen zu hören und die Meinung abzuwägen? Mich hat dann wirklich aus der Bahn geworfen, als am Freitagmorgen gesagt wurde, dass einige Bischöfe in der Frühe alleine die Messe gefeiert hätten. Die Kraftquelle und der Mittelpunkt unserer Gemeinschaft ist die Eucharistiefeier. Wenn die Mahlgemeinschaft nicht mehr möglich ist, sind alle Texte hinfällig. Wir haben in der Mitte des Tages am Freitag Eucharistie gefeiert. Für mich hat es viel Kraft gekostet, trotz meiner großen Enttäuschung, dabei zu bleiben."
Sie waren aus dem Bistum als Mitglieder der Vollversammlung in Frankfurt (v.l.n.r.): Ursula Hahmann (ZdK), Thomas Antkowiak (Geschäftsführer Misereor), Irmgard Schwermann (Berufsgruppe Pfarrhaushälterinnnen), Bischof Dr. Helmut Dieser, Ursula Becker (Gemeinschaft christlichen Lebens), Heribert Rychert (Diözesanrat der Katholiken Aachen), Propst Markus Bruns (Priesterrat Aachen) Nicht mit auf dem Bild:Weihbischof Karl Borsch, Gerold König (Pax Christi), Brigitte Vielhaus (Kfd).
Aus dem Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ .
Hierfür stimmten 97,70 % mit Ja, 2,30 % mit Nein. Enthaltungen: 15
Aus dem Synodalforum III „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.
Hierfür stimmten 91,92 % mit Ja und 8,08 % mit Nein. Enthaltungen: 7
Aus dem Synodalforum IV „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft"
Es stimmten 92,39 % mit Ja, 7,61 % mit Nein. Enthaltungen: 9.
Aus dem Synodalforum IV „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft"
Es stimmten 95,63 % mit Ja, 4,37 % mit Nein. Enthaltungen: 13.
Aus dem Synodalforum IV „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft"
83 % der Mitglieder der Vollversammlung votierten mit Ja. Der Text hatte aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe und wurde abgelehnt.
Für die inhaltliche Arbeit des Synodalen Weges gibt es vier Synodalforen. Sie erarbeiten die Vorlagen für die Synodalversammlung: „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilhabe und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“ und „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.
Für das Bistum Aachen nimmt Bischod Dr. Helmut Dieser im Forum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ teil.
Am Forum „Priesterliche Existenz heute“ nimmt Ursula Becker aus dem Bistum Aachen teil.
„Der Synodale Weg der 27 Diözesen in Deutschland ist etwas Neues. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken richten ihn gemeinsam aus.
Dass wir diesen Weg am 1. Adventssonntag 2019 beginnen, hat eine Vorgeschichte. Dazu gehören nicht nur die Ergebnisse der so genannten MHG-Studie über den sexuellen Missbrauch. Sondern hinter den vier Hauptthemen des Synodalen Weges steht eine längere Entwicklung von schwächer werdenden Gewissheiten und auseinanderdriftenden Überzeugungen.
Beim Auftakt des Synodalen Weges finden wir uns in unserer Kirche in einer starken Polarisierung wieder und die betrifft besonders diese vier Hauptthemen. Papst Franziskus will, dass wir neu lernen, eine synodale Kirche zu sein. Der „gemeinsame Weg“ (synodos) kann und muss also gemeinsam gesucht werden. Doch die Gemeinsamkeit wird nicht aus einer Art Wahlkampf und einem Kampf um Mehrheiten hervorgehen, sondern muss das Geschenk Gottes selber sein.
Deshalb ist der Synodale Weg ein geistlicher Weg. Und dem Wirken des Heiligen Geistes werden wir uns dadurch am meisten öffnen, dass wir freimütig reden, einander intensiv zuhören und uns bemühen, das Wahre und Heilige herauszuhören gerade aus dem, was nicht von mir selber stammt und aus meiner eigenen Überzeugung hervorgegangen ist. Dann kann Gott uns überraschen und uns auch in den vier Fragen des Synodalen Weges wieder eine größere Einigkeit und gemeinsame Gewissheit schenken. Das ist das Ziel des Weges, das wir von Gott erbitten: nicht dass die Einen sich gegen die Anderen durchsetzen, sondern dass Alle wieder die gemeinsame Freude am Kirchesein spüren. Es soll sich auch in den vier Fragen des Synodalen Weges wieder für Alle gut anfühlen, katholisch zu sein! Und deswegen dient der Synodale Weg dem Auftrag, den Jesus seiner Kirche zu allen Zeiten aufgetragen hat: gemeinsam das Evangelium zu verkünden.“
Der 60-jährige wurde 1992 im Aachener Dom zum Priester geweiht. Im November 2003 wurde er zum Weihbischof ernannt, die Bischofsweihe erfolgte im Januar 2004. Er ist auch residierender Domkapitular. Als Bischofsvikar ist er für Ordens- und Säkularinstitute sowie Gesellschaften des Apostolischen Lebens zuständig.
Der 64-Jährige arbeitet im Hauptberuf als Geschäftsführer der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG), zu denen die beiden Jugendbildungsstätten Haus St. Georg und St. Nikolaus Jugendstätte Rursee gehören. Neben seinem Engagement im Diözesanrat ist er Mitglied des ZDK sowie im Diözesanen Pastoralrat. „Die katholische Kirche hat durch den Missbrauchsskandal bei den Menschen massiv an Glaubwürdigkeit verloren und dadurch für viele den Blick auf die Heilssendung der Kirche verstellt. Der Synodale Weg ist für mich ein notwendiger Prozess gemeinsam als Laien, Diakone, Priester und Bischöfe, als Frauen und Männer und als Christinnen und Christen verschiedener Generationen Ursachen und Strukturen des Missbrauchs zu bearbeiten und die Kirche in Deutschland wieder neu aufzustellen. Als Vertreter des Diözesanrats will ich die Prozesse des Synodalen Weges mit den Erwartungen der Christinnen und Christen in den Gemeinden, Räten und Verbänden im Bistum Aachen verknüpfen“, benennt Heribert Rychert seine Erwartungen an den Synodalen Weg.
Der 52-Jährige wurde 1995 im Aachener Dom zum Priester geweiht. Nach einer Kaplanszeit in Viersen war Bruns ab 2000 Jugendseelsorger für die Region Kempen-Viersen. Als Propst der Pfarre St. Gangolf in Heinsberg ist Bruns auch Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Heinsberg-Waldfeucht und außerdem seit 2015 nicht-residierender Domkapitular des Aachener Doms. Seit 2018 ist er Regionalvikar für die Region Heinsberg. „Meine Hoffnung für den Synodalen Weg ist ein offener Austausch, gegenseitiges Zuhören und keine Denkverbote. Ganz wichtig ist es, dass die systemischen Ursachen von sexuellem Missbrauch erkannt und benannt werden. Ich erwarte Veränderungen und Reformen. Dabei muss auch offen diskutiert werden über die Zugangsbedingungen für den Priesterberuf sowie über den Zugang zu Diensten und Ämtern von Frauen in der Kirche“, erklärt Markus Bruns. „Der Synodale Weg sollte aber auch ein geistlicher Prozess, so hoffe ich, dass die jesuanische Perspektive eingenommen wird: Als er seine Jünger einberufen hat, ging es um den Dienst, nicht um Macht. Was würde also Jesus auf die Fragen, die heute anstehen antworten“, fragt er.
Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland ist gestartet. Im Bistum Aachen haben am ersten Adventsonntag 2019 Dompropst Rolf-Peter Cremer als Vertreter von Bischof Dr. Helmut Dieser und Heribert Rychert, stellvertretender Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Aachen, gemeinsam die Synodalkerze im Aachener Dom entzündet.
Ziel des Weges sei es, „das wir von Gott erbitten: nicht dass die Einen sich gegen die Anderen durchsetzen, sondern dass Alle wieder die gemeinsame Freude am Kirchesein spüren. Es soll sich auch in den vier Fragen des Synodalen Weges wieder für Alle gut anfühlen, katholisch zu sein! Und deswegen dient der Synodale Weg dem Auftrag, den Jesus seiner Kirche zu allen Zeiten aufgetragen hat: gemeinsam das Evangelium zu verkünden“, betont Bischof Dr. Helmut Dieser.
Bei der ersten Synodalversammlung des Synodalen Wegs waren aus dem Bistum Aachen mit dabei: Heribert Rychert (v.l.), stellvertretender Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken, Weihbischof Karl Borsch, Ursula Becker, Gemeinschaft Christlichen Lebens, Bischof Helmut Dieser, Ursula Hahmann, vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken als Einzelpersönlichkeit berufen, und Propst Markus Bruns, Regionalvikar in Heinsberg.