„Alle haben die gleichen Chancen."

Bundespräsident a.D. Christian Wulff : „Ohne Engagement für unser Europa versagen wir alle vor der Geschichte“ (c) Bistum Aachen/C.vant´Hoen
Bundespräsident a.D. Christian Wulff : „Ohne Engagement für unser Europa versagen wir alle vor der Geschichte“
Datum:
Mi. 8. Mai 2024
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Bundespräsident a.D. Christian Wulff hält flammendes Plädoyer für ein einheitliches Europa vor 27 Jugendkarlspreis-Trägerinnen und -Trägern aus allen europäischen Ländern.

Es war ein Auftakt nach Maß für die Feierlichkeiten zur Verleihung des diesjährigen Karlspreises an Pinchas Goldschmidt. Im Hohen Dom zu Aachen hielt Christian Wulff, Bundespräsident a.D., ein flammendes Plädoyer für ein einheitliches Europa vor 27 Jugendkarlspreis-Trägerinnen und -Trägern aus allen europäischen Ländern. Er unterstrich die Bedeutung eines Generationen übergreifenden Einsatzes für „Freiheit und Demokratie als attraktivste Lebensform für Menschen". Die große Spannbreite aus Interessen von großen und kleinen Mitgliedsstaaten sei eine Bereicherung für die Europäische Union. „Alle haben die gleichen Chancen." Europas Erweiterung habe immer als Booster gewirkt.

Wulff, bekennender Christdemokrat, spannte einen großen Bogen durch die Geschichte Europas und die „Dankbarkeit seiner Generation" für mehr als 80 Jahre Frieden. Gegen die „wohlwollende Gleichgültigkeit" für ein demokratisches Europa setzte der 64-Jährige vier Notwendigkeiten, die derzeit höchst umstritten seien. Er plädiert für ein „Gemeinsam statt einsam", weil tiefgreifende Veränderungen für eine enkelfähige Zukunft in punkto Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Frieden einen breiten Schulterschluss erfordern. Er fordert ein weltoffenes Europa mit einer klaren Haltung wider Rassismus und Nationalismus. "Die Zuwanderung nach Europa muss klar geregelt werden."
Den massiven Rückgang der Erwerbstätigkeit in Europa hält er für einen Schlüssel für zunehmende soziale Spannungen. Offenheit, Toleranz und die Wurzeln einer christlich-jüdischen Kultur, so der ehemalige Bundespräsident, seien die Grundlage für ein erfolgreiches Europa: „Europa muss offen bleiben."

Gleichzeitig forderte Wulff, der in erkennbarer Tradition zu Helmut Kohl und Konrad Adenauer steht, dass Europa autonomer und weltweit vernetzter eigenverantwortlich agieren müsse. In diesem Zusammenhang sprach er sich auch für einen deutlichen Schulterschluss mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron aus. Ein deutliches Zeichen setzte er für die Wahrnehmung des globalen Südens. Europa müsse sich insbesondere mit Afrika, das vielmehr zur globalen Mehrheit geworden sei, stärker vernetzen. Mit auf den Weg gab der Bundespräsident a.D. in Anwesenheit von Dompropst Rolf-Peter Cremer und Dr. Jürgen Linden, im voll besetzten Dom und begleitet vom Diplomatischen Streichquartett, die Überzeugung Kurt Tucholskys: „Erfahrungen vererben sich nicht nicht. Jeder muss sie selbst machen.“ Umso stärker sei ein Engagement gegen die „wohlwollende Gleichgültigkeit" gefragt. Und natürlich zeigte sich der Christdemokrat auch bibelfest. „Eurer Ja sei ein Ja. Euer Nein ein Nein, zitierte Wulff aus der Bergpredigt nach Matthäus und plädiert für eine klare Haltung.