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Die Pastoralstrategie.

Grundlage unseres Handelns.

Kirche lebt nicht im Elfenbeinturm, sondern von und in der Begegnung mit Menschen. Im Mittelpunkt des seelsorgerischen und diakonischen Auftrags stehen die Bedürfnisse der Menschen, nicht die der Institution. Damit vollzieht sich ein tiefgreifender Paradigmenwechsel. Das tradierte Bild von Kirche, die Menschen vorschreibt, wie sie zu leben haben, ist passé. Die Volkskirche gibt es nicht mehr. Wir orientieren uns an den unterschiedlichen Wünschen von Menschen in ihren jeweiligen Lebensräumen und Lebensphasen. Die Pastoralstrategie bietet die Grundlage, das Glaubensangebot weiterzuentwickeln und unser Dienstleistungs- und Hilfsangebot auszurichten. Sie gilt als Wegweiser für alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden. Wir sind offen für Neues und vernetzen uns mit anderen.

Bistum Aachen Pastoralstrategie - Ebene 2
Dr. Thomas Ervens erläutert die Pastoralstrategie

Unser Reformprozess beinhaltet einen radikalen Kultur- und Haltungswandel. Wir als Kirche sind nicht der Mittelpunkt, um den sich die Welt dreht. Wir wollen heraus aus der Nabelschau.

Dr. Thomas Ervens, Leiter der Hauptabteilung Pastoral/Schule/ Bildung,
erklärt, warum die Pastoralstrategie frischen Wind ins Bistum bringt.

Unser Ansporn.

Freiheit.

Wir setzen auf Freiheit. Sie ist eine der größten gesellschaftlichen Errungenschaften, zu der wir als Kirche von Aachen stehen und die wir schützen. Für uns gibt es keinen Zweifel, dass wir einen freiheitlichen Rechtsstaat bejahen und fördern. Wir sehen die Freiheit des Menschen in selbstbestimmter Würde. Jeder Mensch kann seinen eigenen Lebensentwurf ergreifen, gestalten und leben. In diese Freiheit bringen wir die Idee Jesu für ein gelingendes Leben ein.

Begegnung.

Wir setzen auf Begegnung. Ein Miteinander, das in aller Offenheit, gegenseitigem Respekt und Neugierde stattfindet. Durch Begegnung entstehen lebendige Orte, an denen Glaube erfahrbar werden kann. Begegnung eröffnet Räume für neue Ideen und kirchliches Engagement. Mittelpunkt all dieser Begegnung ist die Botschaft Jesu Christi.

Ermöglichung.

Wir setzen auf Ermöglichung. Wir inspirieren, ermutigen und befähigen Menschen, ihre vielfältigen Talente zu entdecken und selbstbestimmt einzubringen. Wir fördern Vielfalt, respektieren die Grenzen des Anderen und schaffen Angebote für die Sinnsuche und Lebensdeutung. Als Kirche bieten wir Ankerpunkte über den gesamten Lebensweg hin zu einem gelingenden Leben durch die Begegnung mit Jesus Christus.

Bistum Aachen Pastoralstrategie - Ebene 2

Orientiert an den Bedürfnissen der Menschen.

Als Kirche von Aachen richten wir die Seelsorge an den Bedürfnissen der Menschen aus. Mit unserer Arbeit sind wir für Menschen unterwegs, 
•    die den Glauben aktiv leben und ihr Leben entsprechend gestalten,
•    die sich für unsere Dienstleistungen aus den Bereichen Bildung, Diakonie oder Sakramentenspendung interessieren und sie nutzen,
•    die Fragen in ihrem Leben haben und die wir in ihrer Sinnsuche unterstützen wollen.

Besonders mit der dritten Perspektive, den Menschen, die in ihrer Sinnsuche unterstützt werden, weiten wir unser Denken und Handeln. Menschen haben Fragen in ihrem Leben und wir sind überzeugt, dass wir ihnen aus unserer Tradition, unserem reichen Schatz heraus, etwas Sinnstiftendes anbieten können. So kommen Menschen mit uns in Berührung, punktuell oder für einen längeren Zeitraum. 

Bistum Aachen Pastoralstrategie - Ebene 3

Profilieren, optimieren, erproben.

Als Kirche von Aachen richten wir unsere Seelsorge an diesen Bedürfnissen aus.  Menschen, die ihren Glauben aktiv leben wollen, können dies an vielfältigen Orten von Kirche  in unserem Bistum tun. Wir gewährleisten Sakramentenspendung und -vorbereitung und ermöglichen Menschen, sich selbst zu verwirklichen und aktiv zu beteiligen. Dies zu profilieren und weiter voran zu bringen, sehen wir als unsere Aufgabe an. 

Menschen, die Interesse an unseren Dienstleistungen haben und sie nutzen, sollen objektiv und subjektiv eine hohe Zufriedenheit mit unserem Angebot haben. Wir optimieren unsere Angebote und verbessern die Qualität.

Erproben ist für uns und das seelsorgerische Handeln sicherlich die größte Herausforderung, weil wir uns immer wieder auf die Suche mit den Menschen machen, um ihnen in ihrem Leben und in ihrem Kontext ein für sie relevantes Angebot zu machen. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Tradition, unser christlicher Glaube und überraschende Deutungsangebote bereichernd sind. Damit Menschen mit uns in Berührung kommen; vielleicht für einen längeren Zeitraum, manchmal auch nur sehr punktuell. 

Bistum Aachen Pastoralstrategie - Ebene 4

Qualität und Vernetzung.

Unserer Pastoralstrategie liegen vier Handlungsmaxime zugrunde. Zunächst mit den Schlagworten Qualität und Vernetzung. Vernetzung in dem Bewusstsein, dass es im seelsorgerischen Handeln nicht um einzelne Aktionen geht, sondern dass diese immer in der Vernetzung der Kirche von Aachen, der Weltkirche, ökumenisch und gesellschaftlich eingebunden sind. Es geht um Engagementförderung, weil das Engagement vieler die Kirche von Aachen ausmacht. Dieses zu entdecken, zu fördern und zu begleiten – gerade im ehrenamtlichen Bereich – wird ein Schwerpunkt sein. Und das Ganze dann auch im Sinne von Sicherheit zu verantworten, diese vor dem Hintergrund der Missbrauchserfahrungen sowohl im objektiven, als auch im subjektiven Sinne zu geben und sie zu gewährleisten, damit Menschen sich gut mit uns auf dem Weg begleitet fühlen.

Antworten auf häufige Fragen zur Pastoralstrategie.

Eine Strategie versucht, eine Vision in konkrete Ziele und Maßnahmen hin zu übersetzen und zu kanalisieren. Die bisherigen Kirchenbilder, das Volkskirchenmodell - parallel dazu das gemeindezentrierte Modell - haben es nicht nötig gemacht, in diesem Sinne strategisch zu denken. Doch diese Kirchenbilder sind zu Ende oder kommen an ihre Grenze.

Eine Arbeitsgruppe Kirchentwicklung der Hauptabteilung Pastoral / Schule / Bildung des Bischöflichen Generalvikariates hat die Pastoralstrategie entwickelt.

Die Beschlüsse und der Kompass des Synodalkreises bilden eine Grundlage für die Pastoralstrategie. Freiheit, Begegnung und Ermöglichung sind darin wichtige Grundannahmen. Außerdem gilt der Sendungsauftrag der Kirche, die sich als Gemeinschaft derer versteht, die einen Auftrag Gottes in die Welt hinein haben.

Von der Pastoralstrategie ausgehend werden Bereichsstrategien für einzelne Felder, in denen Kirche aktiv ist, abgeleitet. Beispielsweise für die Bereiche Schulen oder Kindertagesstätten. Darüber hinaus gibt es Funktionen, die nötig sind, damit die Organisation arbeiten kann. Dazu gehören Finanzen, Personal, Digitalisierung, IT, Kommunikation, Immobilien u.ä.. Diese Funktionsbereiche sollen ebenfalls Strategien entwickeln, die sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten ausrichten, ihnen dienen und sie möglich machen. In diesem Zusammenhang spricht man von Funktionsstrategien.

Der bisherige pastorale Ansatz, die Zielgruppenorientierung, trägt in einer Gesellschaft, die sich immer weiter ausdifferenziert, nicht mehr. Angebote, die sich nach einer bestimmten Zielgruppe ausrichten, werden nicht mehr wirksam. Der neue Ansatz der Bedürfnisorientierung fragt vielmehr, welche Bedürfnisse Menschen haben. Wir als Kirche wollen uns deutlicher an diesen unterschiedlichen Bedürfnissen orientieren.

Vier Handlungsmaximen sind grundlegend und müssen durch Teilziele konkretisiert werden:

  • Sicherheit

    z.B. durch transparente Strukturen und „Safe Spaces“

  • Qualität

    z.B. durch verbindlich vereinbarte Qualitätskriterien in der Pastoral aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer und aus fachlicher Perspektive

  • Engagementförderung

    Entdeckung und Stärkung von Talenten und Kompetenzen

  • Vernetzung

    mit Partnerinnen und Partnern aus Orts- und Weltkirche, Ökumene, Gesellschaft

In Anlehnung an die pastoraltheologischen Arbeiten von Rainer Bucher wird unter Pastoral die kreative Konfrontation von Mensch und Evangelium verstanden. Was wir in der Seelsorge tun, hat den Zweck, dass das Evangelium und die Existenz des Menschen mit all seinen Herausforderungen, Bedürfnissen und Lücken von heute in eine interessante und überraschende Wechselspannung kommen.

Die Pastoralstrategie gibt Auskunft darüber, auf welches Ziel hin die Pastoral im Bistum Aachen entwickelt wird. Sie beschreibt für alle Bereiche kirchlichen Lebens grundlegend, worum es geht, für welche Menschen, mit welchen Zielen gearbeitet wird.

Für die Pastoralstrategie wurden drei zentrale Bedürfnisse von Menschen in Bezug auf die Kirche als religiöse Organisation identifiziert:

  • Christinnen und Christen, die ihren Glauben aktiv leben wollen und dafür kirchliche Strukturen, Gruppen, Angebote brauchen.

  • Menschen, die eine kirchliche Dienstleistung in Anspruch nehmen, z.B. Menschen, die kirchliche Bildungseinrichtungen besuchen oder ihre Kinder dort anmelden, Menschen, die Angebote der Caritas wahrnehmen o.ä., bis hinein in den Bereich der Sakramentenspendung und Kasualien von Taufe, Beerdigung etc.

  • Menschen, die von Kirche nichts erwarten, für die Kirche bei ihrer Sinnsuche allerdings hilfreich sein kann. Diese Suche nach Sinn oder sinnstiftenden Begegnungen in bestimmten Lebenssituationen ist vielen Menschen nicht direkt bewusst, stellen aber psychologisch und soziologisch ein Grundbedürfnis des Menschen dar.

Diese Bedürfnisse sind situativ. Sie sollen in der Pastoral gleichberechtigt behandelt werden.

Menschen, die ihren Glauben aktiv leben wollen, können entscheiden, in welchen Formen sie dies tun wollen. Ob eher im gottesdienstlichen oder im diakonischen Bereich o.ä. Deshalb können und sollen sie Orte von Kirche bilden und sie als solche bestätigen lassen. Aus der Struktur heraus muss es dafür Unterstützungssysteme geben.

Für Menschen, die eine kirchliche Dienstleistung in Anspruch nehmen wollen, müssen wir diese bereitstellen und qualitativ gut machen; auch finanziell. Wichtig ist, zu fragen, welche Wünsche und Erwartungen an eine Dienstleistung gestellt werden.

Für Menschen, die von Kirche nichts erwarten, aber auf der Suche nach Sinn oder sinnstiftenden Begegnungen sind, sollte der christliche Glaube als relevantes Deutungsangebot formuliert werden, z.B. über biografie-begleitende Rituale.