Wussten Sie es schon? Im Darknet, also jenem Teil des Internets, das angeblich nicht von den Regierungen der Welt gesteuert wird, ist ein Dokument aufgetaucht, das den Zusammenschluss mehrerer nationalistischer und national-konservativer Parteien bestätigt. Darin steht, dass diese einen Vertrag mit einem Chinesischen Genlabor über die Entwicklung und Verbreitung eines Virus geschlossen haben, dessen Ausbreitung dazu in der Lage wäre, die derzeitige politische Lage zu destabilisieren. Dadurch sollten die Staaten der Welt dazu gebracht werden, Grenzen zu schließen, nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen und den Zuzug von Ausländern zu minimieren. Die Kosten für die Entwicklung eines solchen Virus betragen umgerechnet 890.000,-€, die aus Spenden an die Parteien finanziert werden.
Eigentlich ist die Wahrheit dieser Meldung nicht zu hinterfragen. Schließlich haben die nationalistischen Parteien doch durch den Corona-Virus viel erreicht. Die Grenzen wurden geschlossen, Einreisende müssen zunächst unter Beobachtung, Wanderarbeiter werden in eigenen Unterkünften untergebracht, Produktionen werden ins Inland verlagert. Wer sollte sonst ein Interesse an so einem Virus haben?
Natürlich ist alles, was da steht, Quatsch! Aber vielleicht haben Sie überlegt, ob nicht vielleicht doch etwas Wahres dran sein könnte.
So funktionieren Verschwörungslegenden. Sie nehmen eine aktuelle Sachlage, überlegen, was damit bezweckt sein könnte, fügen noch allgemeine Befürchtungen hinzu und behaupten, dass die Ursachen von alledem auf einen Plan einzelner Personen oder Gruppen zurückzuführen ist. Das Ziel dieser Gruppen ist immer, das Leben in der gewohnten Form zum Schlimmeren zu verändern.
Warum wollen Menschen solche Verschwörungslegenden glauben? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen wird die Ursache mit Menschen verknüpft. Gegen Menschen kann man sich wehren. Damit muss man sich nicht mehr ohnmächtig fühlen. Hinzu kommt der Zweck, der gegen die eigenen Interessen gerichtet ist. Damit fühlt man sich legitimiert, Gewalt gegen andere Menschen einsetzen zu dürfen. Das kann auch heißen, sich über Anweisungen hinwegzusetzen. Und dann geht es noch darum, die eigene Position zu verbessern, im besten Falle, Macht zu bekommen. Das versetzt einen in die Lage, seine Situation zu verändern, notfalls auch auf Kosten von anderen. Man gehört lieber zu den Krisengewinnenden, die es in jeder Krise gibt, als zu den Verlierenden.
Es gibt noch eine weitere Begründung, warum so viele Menschen für Verschwörungslegenden empfänglich sind. Sie sind verunsichert. Denn unsere Welt ist so komplex, dass sie sich den Interessen von anderen ausgeliefert fühlen. Diese Annahme ist auch zu begründen und nicht gänzlich falsch. Einen Autokonzern, der manipuliert, Regierungen, die mit falschen Dokumenten Kriege anzetteln oder Gesetze, die Schlupflöcher haben, gibt es. Nicht alle Entscheidungen fallen fair, transparent und demokratisch.
Das sollte allerdings nicht Entschuldigung für die eigene Machtübernahme sein, sondern Ansporn, weiter auf demokratische Entscheidungen zu pochen, fair miteinander umzugehen und transparent Informationen zu teilen. Zu letzterem gehören überprüfbare Quellenangaben und wissenschaftliche Fakten. Natürlich darf man immer noch eine Meinung haben. Aber diese ist dann bitte auch als solche zu kennzeichnen. Das ist unsere Meinung.